Baltikum: Vilnius

Mittelalterflair und Moderne – Vilnius, die Hauptstadt Litauens, erwartet ihre Gäste mit einer Fülle an unterschiedlichen Architekturstilen. In der Altstadt, die auch immer wieder als Perle des Barocks bezeichnet wird, gibt es sage und schreibe rund 1.500 historische Bauten zu entdecken, und das beste ist: das ist alles zu Fuß möglich! Die Straßen gepflastert, die Fassaden in wunderschönen pastellfarbenen Tönen – wenn hier keine Romantik aufkommt, wo dann?

So sieht das wohl auch die UNESCO, jedenfalls ist das historische Stadtzentrum UNESCO Weltkulturerbe. 2009 war die Hauptstadt Litauens, welche gerne auch das Kaleidoskop der Kunst und Kultur genannt wird, Europäische Kulturhauptstadt.

Dieser Beitrag ist Teil unserer Blogpost-Serie über das Baltikum und die drei baltischen Hauptstädte. Hier kommen Sie zu den Blogposts über Lettlands Hauptstadt Riga und Estlands Hauptstadt Tallinn. Einen allgemeinen Überblick erhalten Sie hier, außerdem haben wir noch eine Eselsbrücke für Sie parat.


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Vilnius – Geschichtliche Hintergründe und Hard Facts

Einwohner*innen: 588.412 (Stand 2021) – Fläche: 401 km²

Vilnius wurde im Jahr 1323 durch den Großherzog Gediminas an den Ufern von Neris und Vilnia gegründet. Heute zählt die Stadt zu den bedeutendsten Handelszentren im Baltikum, flächenmäßig ist Vilnius die größte der drei baltischen Hauptstädte.

Vilnius galt stets als als sehr liberal und bot unterschiedlichen schutzsuchenden Bevölkerungsgruppen einen Platz zum Leben, darunter waren viele Jüd*innen und Pol*innen. Um die Jahrhundertwende zwischen 19. und 20. Jahrhundert machten Litauer*innen selbst nur ca. 2 Prozent der Bevölkerung aus. Der Holocaust löschte damit einen großen Teil der Bevölkerung aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Vilnius quasi neu besiedelt.

Die Hauptstadt Litauens ist auch die größte Stadt des Landes und Sitz des römisch-katholischen Erzbistums Vilnius. Im Gegensatz zu den anderen baltischen Hauptstädten, war Vilnius von Anfang an baltisch und wurde nie vom Deutschen Orden kontrolliert.

Zum Machthöhepunkt reichte Polen-Litauen um 1618 von der Ostsee bis an das Schwarze Meer. 


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Vilnius – Stadt der Kirchen

Katholische Kirchen mit kunstvoll versehenen Fassaden und Säulengängen reihen sich heute geradezu perfekt ein neben protestantischen Kirchen mit hohen Türmen und orthodoxen Kirchen mit pompösen Verzierungen und Zwiebeltürmen. Über 50 Kirchen zählt die Hauptstadt Litauens, weshalb sie auch häufig als Rom des Ostens bezeichnet wird.

Die barocke Peter-und-Paul-Kirche ist ein besonderes Prachtexemplar einer katholischen Kirche in Vilnius. Das Innere der Kirche ist fast zur Gänze in weiß gehalten. Der bereits geplante Umbau in eine orthodoxe Kirche wurde aufgrund der hohen Kosten nie umgesetzt. Sie zählt zu den wenigen Kirchen, die während der sowjetischen Zeit für Gottesdienste geöffnet waren. 

Nicht weniger sehenswert ist die Kathedrale von Vilnius. Bei ihrem Bau im Jahr 1251 war sie das erste christliche Gotteshaus in Litauen, damals sollte sie einen heidnischen Tempel ersetzen. Immer wieder wurde die Kirche beschädigt und musste neu aufgebaut werden. Somit hat sie schon unterschiedliche Stilrichtungen hinter sich – ein paar Symbole der verschiedenen Stilepochen sind noch erhalten, was die Kirche zu einem sehr besonderen Bauwerk macht. Der heutige Bau wurde im klassizistischen Stil realisiert. Angesiedelt ist sie am Fuße des Burghügels der Oberen Burg. Früher fanden hier die Krönungen der litauischen Großfürste statt und auch viele Würdenträger des Landes wurden an diesem Ort begraben.


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Vilnius – Die Universitätsstadt

Das moderne und lebendige Flair hat die Stadt nicht zuletzt ihren vielen Studenten zu verdanken. Vilnius ist Universitätsstadt durch und durch, und zwar eine der ältesten ganz Europas. Die Universität von Vilnius geht bis in das 16. Jahrhundert zurück. Die Gründung der Universität machte Vilnius zu einem wichtigen kulturellen Zentrum des gesamten Baltikums. Das Universitätsgebäude beheimatet beeindruckende historische Hallen und ist geschmückt mit aufwendigen Fresken. Kaum zu glauben, aber der Universitätskomplex nimmt für sich einen ganzen Bezirk ein und zählt insgesamt zwölf Innenhöfe, die über die letzten vier Jahrhunderte entstanden sind.

Die Johanneskirche befindet sich am größten der Innenhöfe der Universität von Vilnius. Ihr Glockenturm macht sie zum höchsten Gebäude der Altstadt.


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Die Republik in der Stadt

Haben Sie schon einmal von der Republik Užupis gehört? Užupis ist keine völkerrechtlich anerkannte Republik, seine Bewohner*innen haben jedoch am 1. April 1997 den Stadtteil von Vilnius, welcher durch die Vilnia vom Rest der Stadt abgetrennt ist (Užupis kann man mit Republik hinter dem Fluss übersetzen), selbst zur unabhängigen Republik erklärt. 

Užupis befindet sich am Rande der Altstadt und ist der kleinste von Vilnius’ Bezirken. Die Republik Užupis hat einen Präsidenten, eine Regierung, eine Flagge eine Hymne und natürlich auch eine Verfassung. In seiner Verfassung hat sich Užupis (als übrigens einziges Land weltweit) zum vollkommenen Gewaltverzicht verpflichtet. Das Parlamentsgebäude ist das Café Užupio Kavinė.

Um den Tag der Unabhängigkeit zu feiern, stationiert sich einmal jährlich der Zoll an der Brücke Užupis – wer also einen besonderen Stempel im Reisepass haben möchte, sollte seine Reise nach Vilnius über den 1. April legen!

Die Bewohner*innen der Republik Užupis sind hauptsächlich Kunstschaffende und Kreative sowie deren Familien. Bis zum zweiten Weltkrieg lebten größtenteils Jüd*innen in Užupis. Nach dem Krieg war der Bezirk dem Verfall nahe, die Gebäude wurden von Kriminellen und Obdachlosen übernommen, oft gab es keinen Strom oder sanitäre Anlagen. Der jüdische Friedhof wurde von den Sowjets zerstört. Nach Litauens Unabhängigkeit im Jahr 1990 kamen schließlich Künstler*innen zurück nach Užupis und bauten den Bezirk wieder auf. Užupis wurde wieder zum Künstlerviertel, oft wird es mit Montmartre in Paris verglichen.

Weltweit wird die Republik Užupis durch rund 200 Botschafter*innen (hauptsächlich Künstler*innen) und Eherenbürger*innen vertreten, einer davon ist der Dalai Lama. Botschafter*innen können für bestimmte Länder oder größere Städte stehen, aber auch für einzelne Themen, die die Bewohner*innen inspirieren – es gibt zum Beispiel einen Pusteblumen-Botschafter, ja – wirklich! Alle Botschafter*innen erhalten auch eine Lehrberechtigung an der virtuellen Universität der Republik Užupis. 

Besucher*innen erwarten in der Republik Užupis viele charmante Cafés, Galerien und Geschäfte.